Das Corona-Virus aus arbeitsrechtlicher Sicht

12.03.2020

 

Das Corona-Virus beherrscht die Medien, unseren Einkauf und ist mittlerweile auch mit arbeitsrechtlichen Fragen in unserem Alltag angekommen:

Darf ich als Arbeitnehmer aus Angst vor einer Ansteckung mit dem Virus zuhause bleiben?

Die Sorge oder Befürchtung zu erkranken, ist kein Grund der Arbeitspflicht nicht nachzukommen. Der Arbeitnehmer muss deshalb weiter am Arbeitsplatz erscheinen. Dies gilt auch dann, wenn man an seinem Arbeitsplatz mit Kollegen mit Erkältungssymptomen zusammentrifft bzw. Kollegen, die sich in Risikogebieten aufgehalten haben, aber symptomfrei sind.

Darf mein Arbeitgeber mich bei Krankheitssymptomen nachhause schicken?

Der Arbeitgeber hat eine Fürsorgepflicht gegenüber seinen Arbeitnehmern und darf deshalb einen Arbeitnehmer nachhause schicken, wenn dieser krank zur Arbeit erscheint. Hier gilt allerdings zu beachten, dass lediglich ein Arzt verbindlich über eine Arbeitsunfähigkeit entscheiden kann. Der Arbeitgeber kann den Arbeitnehmer nur in Ausnahmefällen verpflichten einen Arzt aufzusuchen; nämlich dann, wenn die gegenseitige Fürsorgepflicht es gebietet. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn der Arbeitgeber Kenntnis davon hat, dass der Arbeitnehmer sich in einem Risikogebiet aufgehalten und/oder in Kontakt mit einer infizierten Person gewesen ist.

Stellt ein Arzt eine Arbeitsunfähigkeit fest, erhält der Arbeitnehmer seine Vergütung in Anwendung der Regelungen des Entgeltfortzahlungsgesetzes. Ohne festgestellte Arbeitsunfähigkeit bei gleichzeitig vorsorglicher Freistellung bleibt der Arbeitgeber ebenfalls zur Vergütung verpflichtet.

Was ist, wenn ein Arbeitnehmer aus einem Risikogebiet zurück an den Arbeitsplatz kehrt?

Aufgrund seiner Fürsorgepflicht für alle Arbeitnehmer darf der Arbeitgeber den aus dem Urlaub zurückkehrenden Arbeitnehmer dazu befragen, ob er sich in einem Risikogebiet aufgehalten hat. Der Arbeitnehmer ist für diesen Fall zu einer wahrheitsgemäßen Antwort verpflichtet; muss allerdings seinen genauen Urlaubsort nicht nennen.

Nur für den Fall, dass der Arbeitnehmer sich in einem Risikogebiet aufgehalten hat, darf der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auffordern einen Arzt aufzusuchen und den Arbeitnehmer verpflichten, ihm das Ergebnis der ärztlichen Untersuchung mitzuteilen.

Die anderen Arbeitnehmer des Betriebs müssen ihrer Arbeitstätigkeit im Übrigen weiter nachgehen und können sich nicht darauf berufen, dass sie aus Angst vor einer Ansteckung nicht arbeiten gehen möchten.

Entsprechendes gilt auch bei einer Dienstreise des Arbeitnehmers.

Bin ich als Arbeitnehmer weiter zu Dienstreisen verpflichtet?

Soweit zur Tätigkeit des Arbeitnehmers Dienstreisen gehören, bleibt er zu diesen genauso verpflichtet wie zu seiner generellen Tätigkeit für den Arbeitgeber.

Etwas anderes gilt nur dann, wenn eine erhebliche Gefährdung des Arbeitnehmers anzunehmen ist. Davon ist regelmäßig dann auszugehen, wenn das Auswärtige Amt eine Reisewarnung für die Region / das Land ausgesprochen hat, in das der Arbeitnehmer reisen soll. Zusätzlich kommt es für diesen Fall jedoch auch noch darauf an, ob die arbeitsvertragliche Tätigkeit vom Schutzzweck der Reisewarnung erfasst wird.

In allen anderen Ländern / Orten, für die noch keine Reisewarnung existiert, die jedoch mit Verdachtsfällen belastet sind, muss der Arbeitgeber eine Einzelfallentscheidung dahingehend treffen, ob das Geschäft bzw. dessen Erledigung im Verhältnis wichtiger ist, als eine potentielle Gefährdung der Gesundheit des Arbeitnehmers.

Darf der Arbeitgeber mir verbieten meinen Urlaub in einem Risikogebiet zu verbringen?

Nein, der Arbeitgeber darf einem Arbeitnehmer nicht vorschreiben, an welchen Orten / Ländern er seinen Urlaub verbringt. Dies ist eine ausschließlich private Entscheidung des Arbeitnehmers, auf die der Arbeitgeber keinen Einfluss nehmen darf. Allerdings darf der Arbeitgeber von Reisen abraten.

Was ist, wenn beim Arbeitnehmer nach Rückkehr aus einem Risikogebiet eine Erkrankung festgestellt wird?

Soweit der Arbeitnehmer nach einer Privatreise aus einem Risikogebiet erkrankt, ist fraglich ob er einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung hat. Diese kommt nämlich nur dann in Betracht, wenn der Arbeitnehmer unverschuldet erkrankt.

Reist ein Arbeitnehmer in Kenntnis einer Reisewarnung des Auswärtigen Amtes in ein Land, für das eine Reisewarnung besteht, könnte man dies als ein Verschulden ansehen, so dass die Vergütungspflicht des Arbeitgebers entfallen könnte.

Was ist, wenn ich vorsorglich unter Quarantäne gestellt werde?

Eine Quarantäne kann durch das Gesundheitsamt vorsorglich angeordnet werden, um zu verhindern, dass der unter Quarantäne gestellte Arbeitnehmer aufgrund des Verdachts einer Infektion das Virus weiter verbreitet. Das bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass der Arbeitnehmer auch arbeitsunfähig erkrankt ist.

Wenn der Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt ist, erhält er seine Vergütung nach den Regelungen des Entgeltfortzahlungsgesetzes.

Soweit der Arbeitnehmer vorsorglich unter Quarantäne gestellt wird, greift das Entgeltfortzahlungsgesetz jedoch nicht ein, weil der Arbeitnehmer nicht arbeitsunfähig ist. Dessen ungeachtet erhält er seine regelmäßige Vergütung durch den Arbeitgeber, der für diesen Fall jedoch einen Erstattungsanspruch gegenüber dem Gesundheitsamt nach den Regelungen des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten geltend machen kann.

Muss ich unter Quarantäne gestellt arbeiten?

Wenn zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer keine Vereinbarung über eine Home-Office-Tätigkeit getroffen worden ist, kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht einseitig zu einer Home-Office-Tätigkeit verpflichten, außer es würde sich um einen absoluten Notfall handeln.

Soweit eine solche Vereinbarung jedoch besteht und der Arbeitnehmer nicht arbeitsunfähig erkrankt ist, ist er zur Erbringung seiner Arbeitsleistung verpflichtet.

Für alle vorgenannten Fragen und Problempunkte gilt, dass es ratsam ist, das gemeinsame Gespräch zu suchen und eine gemeinsame konstruktive Lösung zu finden.