Der digitale Nachlass

15.08.2019

Einige der an dieser Stelle bisher veröffentlichten Artikel beschäftigten sich mit dem Erbrecht und stellten den Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge sowie testamentarische Verfügungen dar. Vor dem Hintergrund, dass sich Facebook vor einiger Zeit weigerte, einer Mutter den Zugang zu dem Account ihrer verstorbenen Tochter zu gewähren, stellt sich die Frage, ob der digitale Nachlass, also u.a. die Daten, die nach dem Tod im Internet und den sozialen Medien von der verstorbenen Person verbleiben, anders zu beurteilen ist.

Facebook hatte argumentiert, dass es sich bei dem Chat-Verlauf um Daten höchstpersönlicher Natur handele, die nicht vererbbar seien. Hinzu käme eine Verletzung des Fernmeldegeheimnisses und des Datenschutzes, wenn die Daten Dritten bekanntgegeben würden. Die Mutter der Verstorbenen argumentierte, sie sei Erbin und müsse daher auch Zugriff auf die Daten ihrer Tochter erhalten. Mit dieser Frage hatte sich abschließend der Bundesgerichtshof, das höchste Zivilgericht in Deutschland, zu beschäftigen und gab in der Entscheidung vom 12.07.2018, Aktenzeichen III ZR 183/17, der Mutter Recht.

Grundsätzlich gilt die Gesamtrechtsnachfolge, d.h. dass der Erbe in sämtliche Rechte und Pflichten des Erblassers eintritt. Dies war hier die Mutter der Verstorbenen. Allerdings spricht das Gesetz von der Vererbung von „Vermögen“, § 1922 BGB, woraus geschlossen werden könnte, dass nur vermögenswerte Positionen vererbt werden könnten, also gerade nicht Positionen, die keinen eigenständigen Vermögenswert haben, wie Liebesbriefe, Tagebuchaufzeichnungen, Patientenakten und dergleichen mehr. Hierzu könnten auch die Daten aus den sozialen Medien zählen.

Auf die Internet-Daten kann grundsätzlich derjenige Zugriff nehmen, der das Passwort für den jeweiligen Account hat, ob dies nun berechtigt ist oder nicht. Dieser Zugriff kann jedenfalls so lange erfolgen, wie der Anbieter den Account nicht gesperrt hat, weil er z.B. vom Tod des Nutzers Kenntnis erlangt hat.

Der BGH hat aber in der o.g. Entscheidung erläutert, dass die Kommunikation in den sozialen Netzwerken nicht höchstpersönlich ist, sondern der Nutzer immer damit rechnen muss, dass seine Kommentare auch Dritten zugänglich werden. Der Chatverlauf sei rechtlich nicht anders zu beurteilen als ein normaler Briefverkehr. Der Erbe sei rechtlich gesehen auch vollständig in die Position des Erblassers eingetreten und damit, im Rechtssinne, auch keine andere Person, so dass hier auch das Fernmeldegeheimnis nicht verletzt sei. Auch der Datenschutz sei nicht verletzt, da dieser nur lebende Personen schütze. Im übrigen müsse der Anbieter von sozialen Netzwerken gegenüber den Erben ebenfalls seinen bisherigen vertraglichen Verpflichtungen nachkommen, so dass sich auch hieraus eine Verpflichtung zur Bereitstellung der Daten ergäbe. Im Endergebnis musste Facebook damit die Daten gegenüber der Mutter der verstorbenen Nutzerin bekanntgeben.

Vorsorglich sollten digitale Nutzer, um Schwierigkeiten für ihre Erben von vorneherein zu umgehen, zum einen eine Liste in verschlüsselter Form erstellen, in der sich Passwörter, Zugriffscodes und dergleichen befinden, sowie Vollmachten für seine Erben erteilen, die sich auf den digitalen Nachlass erstrecken.