Im Zwiespalt der Interessen: Arbeitgeber darf Arbeitnehmer nicht anlasslos mittels Keyloggers überwachen

08.09.2017

Es ist fast Normalität – privates Surfen im Internet während der Arbeitszeit. Ein großes Ärgernis für den Arbeitgeber, hat er doch neben seinem betriebswirtschaftlichen Schaden auch oft mit Computerviren bei dem Besuch zwielichtiger Webseiten oder unerwünschter Werbung infolge von gesetzten Cookies zu kämpfen.

Ein Arbeitgeber griff daher zu radikalen Methoden.

Ein Mitarbeiter war bei ihm seit 2011 als "Web-Entwickler" beschäftigt. Im Zusammenhang mit der Freigabe eines Netzwerks teilte der Arbeitgeber allen Mitarbeitern mit, dass der gesamte "Internet-Traffic" und die Benutzung ihrer Systeme "mitgeloggt" werde. Heißt: er installierte auf dem Dienst-PC des Mitarbeiters eine Software, die sämtliche Tastatureingaben protokollierte und regelmäßig Bildschirmfotos (Screenshots) fertigte.

Kündigung wegen umfangreicher Privattätigkeiten am Arbeitsplatz

Nach Auswertung der mit Hilfe dieses Keyloggers erstellten Dateien fand ein Gespräch mit dem Mitarbeiter statt. In diesem räumte er ein, seinen Dienst-PC während der Arbeitszeit privat genutzt zu haben. Auf schriftliche Nachfrage gab er an, nur in geringem Umfang und in der Regel in seinen Pausen ein Computerspiel programmiert und E-Mail-Verkehr für die Firma seines Vaters abgewickelt zu haben. Der Arbeitgeber, der nach dem vom Keylogger erfassten Datenmaterial davon ausgehen konnte, der Mitarbeiter habe in erheblichem Umfang Privattätigkeiten am Arbeitsplatz erledigt, kündigte das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich.

BAG: Verwertungsverbot wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts

Der Mitarbeiter klagte und obsiegte in allen Instanzen (Urteil vom 27.07.2017, Az.: 2 AZR 681/16). Das BAG entschied, dass die durch den Keylogger gewonnenen Erkenntnisse über die Privattätigkeiten des Mitarbeiters im gerichtlichen Verfahren nicht verwertet werden dürfen. Der Arbeitgeber habe durch dessen Einsatz das als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gewährleistete Recht des Mitarbeiters auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG) verletzt.

Überwachung mangels begründeten Anlasses unverhältnismäßig

Die Informationsgewinnung sei auch nicht durch das Bundesdatenschutzgesetz zulässig, da der Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Installation keinen konkreten Verdacht einer Straftat oder einer anderen schwerwiegenden Pflichtverletzung gehabt hätte. Die von ihm "ins Blaue hinein" veranlasste Maßnahme sei daher unverhältnismäßig gewesen. Die vom Mitarbeiter eingeräumten Privatnutzungen rechtfertigen die Kündigungen nicht, sondern hätten vorher abgemahnt werden müssen.