„Online-Scheidung“: Was ist das und was bringt das?

13.04.2017

Überlegt man, sich von seinem Partner zu trennen und scheiden zu lassen und informiert sich im Internet, springt einem das Schlagwort „Online-Scheidung“ ins Auge. „Klick Dich frei!“, klingt zunächst vielversprechend, einfach und kostengünstig und erweckt den Eindruck, als sei die Scheidung stressfrei und ohne Kontakt zu Rechtsanwälten oder Gericht schnell möglich. Tatsächlich ist der Begriff aber irreführend.

Denn nicht die Scheidung an sich, sondern lediglich der erste Kontakt zu dem Rechtsanwalt, der den Antragsteller im Scheidungsverfahren vor Gericht vertritt, erfolgt online und im weiteren Verlauf des Mandats in der Regel per Mail, Telefon oder Fax. Zunächst übermittelt der Mandant dem Anwalt die notwendigen Daten mittels eines Online-Fragebogens, den dieser in der Regel auf seiner Homepage hinterlegt hat. Indem der Mandant seine Daten selbst eintippt, spart sich der Anwalt Zeit und bekommt in strukturierter Form alle relevanten Informationen geliefert, die er für die Einreichung des Scheidungsantrags kennen muss, also Datum und Ort der Eheschließung, Anzahl der gemeinsamen Kinder, deren Geburtsdatum, Adresse des anderen Ehepartners, Zeitpunkt der Trennung usw.. In einem herkömmlichen Mandatsverhältnis fragt der Anwalt diese Daten im persönlichen Gespräch ab.

In beiden Fällen entwirft er, basierend auf den Informationen des Mandanten, dann den Scheidungsantrag, schickt diesen an den Mandanten vorab mit der Bitte um Überprüfung, und reicht den Antrag dann, ganz real in Papier und per Post, bei Gericht ein. Das gerichtliche Verfahren beginnt, an dessen Ende dann die Scheidung steht, zu der die Eheleute im Gericht erscheinen müssen.

Unter Kostengesichtspunkten ist die „Online-Scheidung“ nicht günstiger ein herkömmliches Scheidungsverfahren, denn die Gebühren bemessen sich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz. Dem „Online-Anwalt“ stehen dieselben Gebühren zu wie dem Anwalt, der seine Mandanten persönlich betreut.

Was also ist der Unterschied? Mit der „Online-Scheidung“ erspart sich der Mandant lediglich die erste persönliche Beratung durch den Anwalt. Das Kennenlernen zwischen Mandanten und Anwalt wird nach hinten verschoben, nämlich im Extremfall auf den Zeitpunkt der Scheidung, wenn sich die beiden auf dem Flur vor dem Gerichtssaal erstmals begegnen. Ob dies immer von Vorteil ist, mag dahinstehen…

Vor Augen führen sollte man sich folgendes: für viele Scheidungswillige ist die Trennung eine einschneidende und emotional aufwühlende Erfahrung, in der oft die Angst hinzukommt, etwas falsch zu machen. Eine umfassende Beratung kann nur dann erfolgen, wenn sowohl der Mandant als auch der Anwalt die Gelegenheit haben, Fragen zu stellen und nachzuhaken. Gerade im persönlichen Gespräch ergibt sich vieles, was sonst möglicherweise nicht erörtert werden würde. Hierzu dient das Kennenlernen anlässlich der ersten Beratung. Es entsteht ein Vertrauensverhältnis und man weiß, mit wem man es zu tun hat. In der Regel erfolgt die diesem ersten Termin folgende Korrespondenz auch bei herkömmlichen Mandatsverhältnissen sehr pragmatisch per e-mail, Fax, Post oder Telefon – ganz nach dem Wunsch des Mandanten. Keineswegs müssen sämtliche Fragen im persönlichen Gespräch erörtert werden.

Die Ersparnis einer „online-Scheidung“ ist daher, wenn überhaupt eine solche vorliegt, gering. Der persönliche Kontakt zwischen Anwalt und Mandanten dagegen kann einen Mandanten auch emotional durch die schwierige Zeit der Trennung und Scheidung begleiten.