Übergabeverträge: Wohnungsrecht oder Nießbrauch?

04.06.2020

Zur Ausnutzung der alle 10 Jahre zustehenden Freibeträge kommt es häufig zwischen Eltern und Kindern zur Übertragung von Grundstücken. Diese in vorweggenommener Erbfolge abgeschlossenen Übergabeverträge, sollen oft auch die Nutzung der Eltern als Veräußerer sichern, weshalb ein Wohnungsrecht oder Nießbrauchrecht gewünscht wird.

Was ist hier zu beachten und wie unterscheiden sich die beiden Belastungen eines Grundstückes/Wohnungseigentums voneinander?

Das Wohnungsrecht ermöglicht dem Berechtigten die Nutzung eines Gebäudes oder auch nur einen Teil des Gebäudes. Belastet wird das gesamte Grundstück oder auch ein Erbbaurecht oder Wohnungseigentum.

Hauptzweck muss die Nutzung zu Wohnzwecken sein und das unter Ausschluss des Eigentümers (§ 1093 BGB). Möglich ist allerdings auch die Mitbenutzung neben dem Eigentümer im Sinne einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit gemäß § 1090 BGB (Wohnrecht).

Es ist erforderlich die entsprechenden Räume, die Gegenstand des Wohnungsrechts sind, genau zu bezeichnen. Auch muss genau beschrieben sein, welche zum gemeinschaftlichen Gebrauch der Bewohner bestimmten Anlagen und Einrichtungen mitbenutzt werden dürfen. Das Mitbenutzungsrecht kann auch auf unbebaute Teile des Grundstücks bezogen werden (z.B. Garten etc.), solange die Hauptnutzung Wohnzwecken dient.

Für den Grundstückseigentümer ergibt sich die Pflicht, die Ausübung des Wohnungsrechts zu dulden mit der Konsequenz, dass der Eigentümer sämtliche auf dem Grundstück ruhenden privaten und öffentliche Lasten zu tragen hat, während der Berechtigte für die Erhaltung der Sache zu sorgen hat

Die Betriebskosten (Nebenkosten für Heizung, Wasser, Müllabfuhr….) hat der Berechtigte zu tragen, auch Ausbesserungen, soweit sie zur gewöhnlichen Unterhaltung gehören, nicht aber die Abnutzung. Abweichende Vereinbarungen von dieser gesetzlichen Kostenverteilung sind im engen Rahmen möglich. So kann dem Wohnungsberechtigten nicht auferlegt werden, die privaten und öffentlichen Lasten des Grundstücks zu tragen hingegen kann dem Eigentümer die Unterhaltungspflicht für die zur Ausübung des Wohnungsrechts gehörenden Räume und die zum gemeinschaftlichen Gebrauch bestimmten Anlagen auferlegt werden sowie die Übernahme der Betriebskosten.

Das Wohnungsrecht ist nicht übertragbar, die Ausübung des Wohnungsrechts kann allerdings Dritten gestattet werden, soweit dies zwischen den Parteien vereinbart wird  und der Berechtigte darf von Gesetzes wegen seine Familie sowie die zur standesgemäßen Bedienung und Pflege erforderlichen Personen aufnehmen. Bei mehreren Berechtigten muss darauf geachtet werden, dass nach dem Tod des Einen die Rechte dem Anderen noch zustehen.

Das Wohnungsrecht kann bedingt oder befristet bestell werden, also z.B. bis zu einem bestimmten Lebensalter oder als auflösende Bedingung, wenn der Berechtigte das Gebäude nicht nur vorübergehend verlässt. Wichtig ist hierbei auch, dass zwar der Eintritt der Pflegebedürftigkeit oder der Umzug in ein Altenheim nicht zum Erlöschen des Wohnungsrechts führt, aber ein nicht mehr ausübbares Wohnungsrecht Geldzahlungsansprüche auslösen kann, die auf den Sozialhilfeträger übergeleitet werden und von diesem dann beansprucht werden können.

Mit dem Tod des Berechtigten erlischt das Wohnungsrecht.

Der Nießbrauch berechtigt demgegenüber zur umfassenden Nutzung, wobei das Wohnen nicht Hauptzweck sein muss, kann aber nicht auf einzelne Räume oder Gebäudeteile beschränkt werden. Der Nießbrauch berechtigt nicht nur zur Selbstnutzung, sondern auch zur Erzielung von Mieteinkünften.

Deshalb wird er u.a. genutzt wenn ein Grundstück auf Abkömmlinge übertragen werden soll, die Nutzung einschließlich der Vermietung aber weiter den Eltern/ Übergeber zustehen soll.

Der Nießbrauch kann an Sachen und Rechten bestellt werden. Belastungsgegenstand kann neben Grundstücken auch Wohnungseigentum, Dauernutzungsrechte, Erbbaurechte oder Grundpfandrechte sein. Er kann am Anteil eines Miteigentümers oder auch an Bruchteilen von Eigentum bestellt werden. Hierin unterscheidet er sich ebenfalls vom Wohnungsrecht.

Der Nießbraucher ist nicht berechtigt, die Sache umzugestalten oder wesentlich zu verändern.

Der Nießbraucher hat für die Erhaltung der Sache in ihrem wirtschaftlichen Bestand zu sorgen. Ausbesserungen und Erneuerungen hat er nur insoweit vorzunehmen, als sie zu der gewöhnlichen Unterhaltung der Sache gehören (also z.B. Reparaturen, Schönheitsreparaturen, Gartenpflege). Gemäß § 1047 BGB trägt der Nießbraucher für die Dauer des Nießbrauchs die auf der Sache ruhenden öffentlichen Lasten sowie diejenigen privatrechtlichen Lasten die schon zur Zeit der Bestellung des Nießbrauchs auf der Sache ruhten, insbesondere die Zinsen der Grundschulden.

Außerordentliche Kosten und Lasten, wie z.B. Sanierung der Wasserleitungen, Erneuerung der Heizung oder des Daches trägt der Eigentümer. Dies kann allerdings auch abweichend zur gesetzlichen Regelung vereinbart werden.

Die vertragliche Regelung der Lastenverteilung zwischen Eigentümer und Nießbrauchberechtigtem ist häufig steuerrechtlich von Bedeutung, so kann der Nießbraucher dazu verpflichtet werden, kann dann aber auch die Belastungen steuerrechtlich geltend machen.

Auch der Nießbrauch ist nicht übertragbar und endet mit dem Tod (§1061 BGB), kann aber auch zeitlich begrenzt werden.

Es gibt demgemäß sowohl beim Wohnungsrecht als auch beim Nießbrauch viele Möglichkeiten auf die persönlichen Umstände, durch Abweichungen von der gesetzlichen Regelung, einzugehen.