Was Reisende und Buchende jetzt wissen müssen

01.05.2020

Die Planung für den Sommerurlaub steht an oder die ersten Urlaube stehen kurz bevor. Aufgrund der Corona-Pandemie müssen noch immer sehr viele Reisen abgesagt werden. Aber welche Rechte habe ich als Reisender und was muss ich bei zukünftigen Buchungen beachten?

Das Auswärtige Amt spricht derzeit eine umfassende Reiswarnung aus und warnt vor „nicht notwendigen touristischen Reisen ins Ausland“, die mindestens bis Ende April 2020 gilt. Was aber bedeutet das für bereits geplante und gebuchte Reisen?

Pauschalreisen

Was gilt für Pauschalreisen bis Ende April?

Zunächst muss festgehalten werden, dass es sowohl für Pauschalreisen, als auch für Individualreisen bei der Bewertung, ob ein Rücktritt bzw. eine Stornierung möglich ist, der jeweilige Zeitpunkt relevant ist. Das Reiserecht ermöglicht grundsätzlich bei Pauschalreisen ein Rücktrittsrecht des Reisenden, dass dieser jederzeit vor Reisebeginn ausüben kann. Der Reiseveranstalter kann dann eine angemessene Entschädigung verlangen, was allgemein als Stornogebühr bekannt ist. Die Höhe der Gebühren wird in der Regel vorab im Pauschalreisevertrag, in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), vereinbart. Anders ist der Fall allerdings zu beurteilen, wenn ein Fall sog. „unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstände“ vorliegt, also solche Umstände, die „außerhalb der Kontrolle der Parteien“ liegen. In einem solchen Fall muss der Reisende bei einer Kündigung keine Entschädigung an den Reiseveranstalter leisten. Liegt wie derzeit zum Zeitpunkt des Antritts der Reise eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes für das Land in das man reisen möchte vor, so wird dies von der Rechtsprechung in der Regel als ein „starkes Indiz“ dafür ausgelegt, dass solche „unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umstände“ vorliegen, die somit zum Rücktritt berechtigen, ohne dass für den Reisenden Kosten anfallen. Wurden bereits Anzahlungen geleistet, hat der Reiseveranstalter diese dem Reisenden zurückzuerstatten. Auch der Reiseveranstalter kann bei solchen außergewöhnlichen Umständen von dem Vertrag zurücktreten, verliert in diesem Fall aber ebenfalls seinen Anspruch auf den Reisepreis.

Was ist aber mit Reisen, die erst in ein paar Monaten, also erst nach der derzeitigen vom Auswärtigen Amt ausgesprochenen Reisewarnung stattfinden?

Für diese Reisen ist derzeit noch nicht absehbar, ob auch zum Zeitpunkt des Antritts der Reise z.B. noch eine Reisewarnung oder vielleicht ein Einreiseverbot vorliegt. Derzeit steht also noch nicht fest, ob nicht auch zum Zeitpunkt des Antritts der Reise „unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände“ vorliegen werden, die einen kostenfreien Rücktritt von der Reise ermöglichen. Aufgrund dieser unsicheren Situation und mangels eines derzeit bestehenden Rücktrittsrechts, muss jeder Reisende eine Entscheidung treffen, ob er die Reise vorsichtshalber vorzeitig storniert oder doch eher abwartet, wie sich die Lage kurz vor der Reise darstellt. Es besteht jedoch ein Kostenrisiko. Vor allem ist zu beachten, dass in der Regel je näher der Abreisetermin rückt, höhere Stornogebühren zu zahlen sind. Ist also bereits absehbar, dass man die Reise keinesfalls mehr antreten möchte, so sollte man die Pauschalreise so früh wie möglich stornieren, um die anfallenden Gebühren so gering wie möglich zu halten. Möchte man die Reise eigentlich gerne antreten, sollte man abwarten, wie sich die Lage entwickelt. Sollte man die Reise dann z.B. aufgrund einer weiter anhaltenden Reisewarnung nicht antreten können, steht einem das Rücktrittsrecht weiterhin zu. Nicht bisher abschließend geklärt ist der Fall, ob dem Reisenden auch dann eine Erstattung der Stornokosten zusteht, wenn er zu früh, z.B. einen Tag vor einer Reiswarnung die Reise storniert. Liegt die Stornierung eng an dem Zeitpunkt der offiziellen Reiswarnung, dürften die Chancen für den Reisenden gut stehen, eine Erstattung der angefallenen Stornokosten zu erhalten, da davon auszugehen ist, dass auch im Zeitpunkt des Antritts der Reise „mit hoher Wahrscheinlichkeit die den Rücktritt begründenden Umstände“ vorgelegen hätten. Dennoch ist der Reisende weiterhin in einem solchen Fall mangels bisheriger gefestigter Rechtsprechung hier auf das Entgegenkommen des Reiseveranstalters angewiesen.

Individualreisen

Auch bei Individualreisen, auf das das Recht der Pauschalreisen in der Regel nicht anwendbar ist, führt die Reisewarnung des Auswärtigen Amtes dazu, dass auch in diesem Fall Reisen kostenfrei abgesagt werden können, wenn dies nicht ohnehin schon seitens des Anbieters der Unterkunft oder der Fluggesellschaft erfolgt ist. So der Fall wenn z.B. eine Fluggesellschaft aufgrund eines Einreiseverbots seine Fluggäste nicht mehr an das gewünschte Ziel befördern kann. Dies gilt zumindest nach deutschem Recht. Wurde z.B. die Unterkunft direkt bei dem Anbieter vor Ort gebucht, ist das Recht des jeweiligen Landes anzuwenden. Je nach Ausgestaltung, dürfte in der Regel aber auch hier eine kostenlose Stornierung möglich sein. Generell sollte hier der Kontakt zu dem Anbieter gesucht werden, um eine für beide Seiten und deren Interessen angemessene Lösung zu finden.

Aktuelle Entwicklungen

Viele Reiseveranstalter und Fluggesellschaften kommen derzeit ihren Kunden entgegen und bieten verschiedene Möglichkeiten wie kostenlose Umbuchungen für die in den nächsten Wochen kommenden Reisen an. Derzeit wird auch die Möglichkeit diskutiert, dass anstelle einer Kostenerstattung Fluggäste und Pauschalreisende in der Zukunft lediglich Gutscheine erhalten sollen. Eine solche Regelung gibt es nach dem derzeitigen Stand in Deutschland aber noch nicht. Allerdings wird seitens der Bundesregierung gegenüber der Europäischen Kommission angeregt, eine gemeinsame europäische Lösung in diese Richtung zu entwickeln. Derzeit steht es dem Reisenden jedoch noch frei, zu entscheiden, ob er einen Gutschein anstelle einer Erstattung akzeptieren möchte, oder nicht. Wird zunächst nur ein Gutschein oder die Umbuchung der Reise angeboten, so kann der Reisende dieses Angebot ablehnen und weiterhin auf eine Erstattung bestehen.

Greift die Reiserücktrittskostenversicherung?

Die Reiserücktrittskostenversicherung helfen in der derzeitigen Lage in der Regel leider nicht weiter. Viele Versicherungsunternhemen schließen ihre Leistungen bei Erkrankungen aufgrund von Pandemien, bzw. bei Befürchtungen von Krankheiten oder Seuchen im Zielgebiet, aus. Die Stornogebühren werden in einem solchen Fall also nicht von der Versicherung übernommen. Hinzu kommt, dass man in der Regel selbst noch nicht erkrankt ist, sodass die Voraussetzungen für die Wahrnehmung der Versicherungsleistung ebenfalls nicht vorliegen. Um abzuklären, wie die eigene Versicherung solche Fälle behandelt, muss jedoch ein Blick in die jeweiligen vereinbarten Versicherungsbedingungen geworfen werden.

Heute den Sommerurlaub buchen? Wie sieht es mit dem Rücktrittsrecht aus, wenn ich jetzt eine Reise für den Sommer buche?

Hat man eine Reise vor einigen Wochen gebucht, konnte man die jetzigen Entwicklungen nicht vorhersehen. Daher steht den Reisenden auch das bereits dargelegte Rücktrittsrecht zu. Was ist aber, wenn ich jetzt eine Reise buche? Bisher kann keiner vorhersehen, wie die Lage in einigen Monaten oder Ende des Jahres aussieht. Dennoch möchte man sich natürlich auf etwas freuen können und vielleicht den kommenden Urlaub buchen. Grundsätzlich gilt, dass wenn der Reisende bei Buchung der Reise bereits vorliegende außergewöhnlichen Umstände, die ein Rücktrittsrecht begründen würden, kennt und diese anschließend dem Reiseveranstalter bei der Kündigung entgegenhält, sich auf diese Umstände nicht berufen kann. Im Grunde kann derzeit jedoch keiner vorhersehen, wie sich die Situation in ein paar Monaten darstellt. Ob man daher bereits eine Kenntnis des Reisenden, von den außergewöhnlichen Umständen, die einen Rücktritt ermöglichen würden, annehmen kann, dürfte sehr streitig sein, vor allem bei Reisen, die erst gegen Ende des Jahres angetreten werden. Es bedarf dennoch auch im Reiserecht immer einer Würdigung aller Umstände des Einzelfalls.

Es bleibt insgesamt abzuwarten, wie sich die Umstände für Reisende in den kommenden Monaten entwickeln werden und ob es möglich sein wird, in diesem Jahr noch zu verreisen.