Besser zu Lebzeiten schenken als vererben; und wieder das Familienwohnheim

12.10.2021

Wie vielleicht bekannt, hat der Gesetzgeber die Übertragung von selbst zu Wohnzwecken genutzten Eigentumswohnungen oder Häusern steuerlich privilegiert, wenn diese nach der Schenkung oder Erbschaft vom Ehegatten weiter zu Wohnzwecken genutzt werden. Der jeweilige Erwerb ist sodann steuerbefreit und Steuerfreibeträge werden hierbei nicht verbraucht.

Bedeutung gewinnt ein solcher Vorgang jedoch, wenn es sich hierbei um eine Erbschaft handelt. Die Steuerbefreiung bleibt nämlich nur dann wirksam, wenn die weitere Selbstnutzung auch über einen Zeitraum von 10 Jahren vom Empfänger aufrecht erhalten bleibt. Schädlich ist demnach jedweder Eigentumswechsel innerhalb dieses 10-Jahres-Zeitraumes, sei es durch Verkauf oder (Weiter-)Übertragung auf z. B. die nächste Generation. Die Steuerbefreiung entfällt dann rückwirkend und kann somit unter Umständen zu nicht unerheblichen Steuerfolgen führen. Dies gilt auch, wenn der jeweilig Begünstigte die Selbstnutzung aufgibt, also einen anderen Wohnraum bezieht (so z.B. eine kleinere Wohnung mit Aufzug) und die Wohnung oder das Haus vermietet.

Die Bindung über einen 10-Jahres-Zeitraum, das Familienwohnheim tatsächlich auch nutzen zu müssen, kann deshalb im Erbfall erheblich nachteilhaft sein. Dieser Nachteil besteht nicht, wenn der selbst genutzte Wohnraum als Familienheim zu Lebzeiten, also in Form einer Schenkung, übertragen wird.

Gerade bei Eheleuten erscheint es deshalb überlegenswert, die Schenkung dem Erbfall vorzuziehen, um dem jeweiligen Erwerber die Flexibilität zu erhalten, jederzeit frei über diesen Vermögenswert verfügen zu können. Gerade bei der heutigen (preis-)Marktentwicklung von Immobilien kann es möglich sein, dass die an sich im Erbfall zur Verfügung stehenden Steuerfreibeträge nicht ausreichen und somit eine Steuerzahlung droht.

Ehepartnern ist deshalb in dem Fall, in dem das Familienwohnheim von nicht unerheblichem Wert ist, anzuraten, fachlichen Rat einzuholen, um den überlebenden Ehegatten vor der zuvor aufgeführten 10-Jahres-Bindungsfrist zu bewahren. Mit diesem Beitrag kann zwar keine umfassende Empfehlung für die Zukunft ohne Berücksichtigung des jeweiligen Einzelfalls abgegeben werden - so mag aber jedoch folgender Fall als Beispiel dafür dienen, welche Möglichkeiten in der Gestaltung bei derzeitiger Gesetzeslage bestehen. Dies soll deshalb nur als eine Anregung verstanden werden.

 

Deshalb hier einmal die Situation eines wertvollen Familiengrundstücks zu Grunde gelegt, das je zu ½ im Eigentum eines Ehepaares steht. Stirbt nun einer der Beiden und wird er von dem Anderen beerbt, unterliegt der überlebende Ehepartner im Hinblick auf das geerbte ½ Miteigentum der 10-Jahres-Bindung. Wenn er nun aufgrund irgendwelcher Umstände genötigt ist, vor Ablauf der 10-Jahres-Frist das Familienheim in der Selbstnutzung aufgeben zu müssen, so wird in diesem Zeitpunkt die Steuerbefreiung aufgehoben und zusammen mit etwaigem sonstigen Vermögen geprüft, ob der Gesamtnachlass höher ist als der dem Ehegatten zustehende Freibetrag von derzeit noch € 500.000,--. Ist dies der Fall, so kommt es zur nachträglichen Steuerzahlungspflicht.

Wie kann dies nun bei dieser Fallkonstellation (jeder der Ehepartner hat ½ Miteigentum) - 10-Jahres-Bindungsfrist aufgrund Erbfall - vermieden werden?. Die Lösung liegt in der Schenkung: Schenkt jeder der beiden Ehepartner seinen ½ Miteigentumsanteil an den anderen und behält sich bei dieser Schenkung die Rückforderung des Geschenkten im Todesfall vor, so bleibt zunächst einmal die Ausgangsituation gleich, nämlich jeder Ehegatte hat weiterhin ½ Miteigentum am Familienwohnheim. Nur hat er dann jeweils den Anteil des Anderen. Verstirbt nun ein Ehegatte, so kann der Überlebende aufgrund des Rückforderungsrechts sein damals verschenktes ½ Miteigentum zurückfordern. Er wird mit der Rückforderung sodann Alleineigentümer, aber nicht aufgrund einer Erbenstellung wie im Ausgangsfall. Somit ist keine Erbschaft gegeben, also auch keine 10-Jahres-Bindungsfrist. Der überlebende Ehegatte als Alleineigentümer kann über das Familienwohnheim sodann frei disponieren.

Ohne, dass dieser Beitrag eine umfassende Darstellung von Gestaltungsmitteln im Bereich des Familienwohnheims darstellen will und kann, soll aber dieses Beispiel verdeutlichen, dass es unter Umstände gerade für Ehepartner angezeigt sein kann, über das selbst genutzte Familienwohnheim, woran jeder ½ Miteigentum hat, in entsprechender Weise – wie zuvor dargestellt – nachzudenken.