Das beliebte Berliner Testament

25.04.2024

Häufig setzen sich Ehegatten im Rahmen der Möglichkeit, gemeinsam ein Testament errichten zu können, gegenseitig als Alleinerben und bestimmen, soweit solche vorhanden sind, die – gemeinsamen – Kinder zu sogenannten Schlusserben nach dem längstlebendenden Ehegatten. Damit soll erreicht werden, dass sich das Vermögen beider Ehegatten auf einem, nämlich dem Längstlebenden, vereinigt, damit dasselbe in der Familie zusammengehalten wird und zunächst der Absicherung des länger lebenden Ehegatten dient.

Dies muss nicht immer vorteilhaft sein. Nach dem Tod des Erstversterbenden tritt nämlich folgende Situation ein:

1.

Die Kinder des Erstverstorbenen als gesetzliche Erben gelten als enterbt und können stattdessen ihren Pflichtteilsanspruch erheben. Außerdem wird durch diese Regelung ein steuerlicher Nachteil in Gang gesetzt, weil die Erbschaftsteuer 2 x anfällt, nämlich bezogen auf das Vermögen beim Erstverstorbenen auf Seiten des Ehegatten als Erben und dann insgesamt beim Tod des Letztverstorbenen bei den Kindern. Die persönlichen Freibeträge der Kinder (immerhin jeweils in Höhe von € 400.000,-- nach jedem Elternteil) bleiben im ersten Erbfall somit ungenutzt, können also nicht geltend gemacht werden und verfallen.

2.

Auch die häufig im Berliner Testament enthaltene „Pflichtteilsstrafklausel“ hat ihre Bedeutung, die es zu beachten gilt, und zwar in erbrechtlicher wie auch erbschaftssteuerlicher Hinsicht. Sie dient war grundsätzlich der weiteren Absicherung des überlebenden Ehegatten vor etwaigen Pflichtteilsansprüchen der Kinder, sieht jedoch vor, dass diese Kinder, die ihren Pflichtteil erheben, auch beim Tod des Längstlebenden lediglich Pflichtteilsansprüche haben. Eine derartige Klausel kann jedoch dann steuerrechtlich eine Doppelbelastung auslösen, wenn, was häufig hinzu kommt, beispielsweise der „treue Schlusserbe“, also das Kind, welches den Pflichtteil nicht geltend macht, dadurch „belohnt werden soll“, dass dieses zusätzlich beim Tod des Erstversterbenden ein Vermächtnis erhält, wenn die Geschwister oder eines von denen Pflichtteilsansprüche erhebt. Dies soll die Schmälerung des Erbes im Schlusserbfall vermeiden. Kritisch zu sehen ist eine derartige Gestaltung, wenn dieses auch noch damit verbunden wird, dass dieses Vermächtnis erst dann zur Auszahlung fällig gestellt ist, wenn der Schlusserbfall eintritt, also der Längstlebende stirbt. Dann beurteilt die Finanzrechtsprechung dies ebenfalls mit einer Doppelbesteuerung dahingehend, dass der Umfang des Vermächtnisses beim erstversterbenden Elternteil der Besteuerung unterzogen wird und nochmals beim Schlusserben, weil durch die spätere Fälligkeit es nicht als Verbindlichkeit im ersten Erbfall angesehen wird, also vom Umfang her als Nachlassvermögen beim überlebenden Ehegatten der Besteuerung unterfällt und dann auch noch als weitere Zuwendung im zweiten Todesfall gegenüber dem Vermächtnisnehmer.

Sollte demnach das Vermögen der Eheleute höher als die Freibeträge der Kinder liegen, führt die Gestaltung „Berliner Testament“ mit Pflichtteilsstrafklauseln möglicherweise zu nicht unerheblichen Steuerfolgen, so dass zu alternativen Gestaltungen anzuraten ist.