Ehen mit internationalem Bezug

15.09.2022

Angesichts der Tatsache, dass immer mehr Ehen zwischen Menschen mit unterschiedlicher Nationalität geschlossen werden, stellt sich die Frage, welches Recht auf diese Ehen anwendbar ist. Dies wird spätestens dann entscheidend, wenn es zu einer Trennung und Scheidung der Ehegatten kommt. Oft leben bi- oder multinationale Paare auch in Deutschland, es stellt sich dann die Frage, ob die Ehe überhaupt hier geschieden werden kann und welche Rechtsordnung dabei zur Anwendung kommt. Dies betrifft beispielsweise die Frage, wie lange eine Trennungszeit sein muss, ehe die Ehe geschieden werden kann oder ob eine Zustimmung zum Scheidungsantrag notwendig ist.

Die Frage, welches Recht im Falle einer Ehescheidung mit Auslandsbezug angewendet wird, ist in einer EU-Verordnung, der auch in Deutschland geltenden sog. Rom III-Verordnung, geregelt. Diese Verordnung stellt in 1. Linie darauf ab, dass die Eheleute eine Rechtswahl getroffen haben. Das bedeutet, dass sie in einem Ehevertrag festgelegt haben, welches Recht auf ihre Ehe und Scheidung anzuwenden sein soll. Hierbei können sie z.B. das Recht des Staates wählen, dem sie beide oder auch nur einer von ihnen angehört. Hat sich z.B. ein deutsch/belgisches Ehepaar, das dauerhaft in Deutschland lebt, darauf geeinigt, dass auf ihre Ehe belgisches Recht anzuwenden ist, kann die Ehe vor einem deutschen Gericht, das dann aber belgisches Recht anwendet, geschieden werden.

Haben die Eheleute keine Rechtswahl getroffen, unterliegt die Scheidung dem Recht des Staates, in dem sie zum Zeitpunkt der Antragstellung bei Gericht ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Gewöhnlicher Aufenthalt bedeutet dabei ein nicht nur vorübergehender Aufenthalt, also dort, wo man also den Schwerpunkt der sozialen Kontakte, insbesondere in familiärer und beruflicher Hinsicht, hat. Hinzukommen muss ein Zeitmoment von einer Dauer von mindestens 6 Monaten. Im Falle des deutsch/belgischen Ehepaares wäre, sofern die Ehegatten keine Rechtswahl getroffen haben, dann deutsches Recht auf ihre Scheidung anwendbar.

Haben die Eheleute keinen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt mehr, lebt aber einer der Partner noch innerhalb des früheren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts, kommt ebenfalls dieses Recht zur Anwendung. Sind beide Ehegatten verzogen, kommt das Recht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit beide Ehegatten haben, zur Anwendung. Haben sie keine gemeinsame Staatsangehörigkeit, gilt das Recht des Staates des angerufenen Gerichts.

Bereits diese Abstufung macht deutlich, dass eine Rechtswahl eine sinnvolle Sache sein kann.

Die wird umso deutlicher, wenn man eine weitere EU-Verordnung betrachtet, die ihrerseits das sog. Güterrecht bi-nationaler Ehen betrifft, die EU-Güterrechtsverordnung. Diese gilt in Ergänzung der Rom III-Verordnung. Sie betrifft die güterrechtliche Auseinandersetzung der Ehe nicht nur bei einer Scheidung, sondern auch beim Tod eines Ehepartners. Güterrechtliche Auseinandersetzung bedeutet die Aufteilung des Vermögens bei Scheidung oder Tod eines Ehegatten.

Die am 21.01.2019 in Kraft getretene EUGüVO sieht als Idealfall ebenfalls die Rechtswahl der Ehepartner für das auf ihre güterrechtliche Auseinandersetzung anzuwendende Recht vor. Ist eine solche Rechtswahl nicht getroffen worden, wird hinsichtlich der Vermögensauseinandersetzung nun aber nicht auf den gewöhnlichen Aufenthalt zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts abgestellt, wie dies bei der Rom III-Verordnung der Fall ist, sondern auf den ersten Aufenthalt nach der Eheschließung. Dies kann im Falle von international tätigen Eheleuten überraschende Auswirkungen haben: ist das deutsch/belgische Ehepaar unmittelbar nach der vor 30 Jahren erfolgten Eheschließung beruflich für einige Zeit z.B. nach Österreich gegangen, findet hinsichtlich des Güterrechts österreichisches Recht Anwendung.

Es ist daher ratsam, sich in einem Fall gemischt-nationaler Ehen frühzeitig um eine Rechtswahl zu kümmern und ggf. rechtliche Beratung einzuholen, damit man für den Fall, dass die Ehe endet, keine unliebsame Überraschung erfährt.