Mein Geld – Dein Geld – Unser Geld? Auseinandersetzung des Vermögens bei Ehescheidung

26.04.2018

Wenn sich Eheleute nach einer möglicherweise langjährigen Ehe trennen, stellt sich für sie meist vordringlich die Frage, wie mit den Vermögenswerten, die während der Ehe angespart wurden, umgegangen wird. Oftmals herrscht die Vorstellung, es werde einfach alles halbiert. Das ist aber keineswegs richtig. Denn die Beträge, die zum Ende der Ehe vorhanden sind, beruhen ja unter Umständen nicht nur auf Arbeitseinkommen: Wie wird dem Umstand Rechnung getragen, dass möglicherweise einer der Ehegatten vor der Ehe bereits Vermögen angespart, eine Lebensversicherung abgeschlossen oder ein Haus besessen hat? Wie verhält es sich mit einer Erbschaft, die einer der Ehegatten während der Ehe gemacht hat? Es muss daher eine differenzierte Berechnung erfolgen, um zu einem gerechten Ergebnis zu gelangen.

Vorab ist zu überprüfen, ob die Eheleute im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben, oder ob sie Gütertrennung oder Gütergemeinschaft vereinbart haben. Im Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben Ehegatten automatisch, d.h. wenn sie ehevertraglich nichts anderes vereinbart haben. Damit betrifft die Zugewinngemeinschaft den weit überwiegenden Teil der Ehen und soll daher hier behandelt werden. Kennzeichnend für die Zugewinngemeinschaft ist, dass jeder Ehepartner sein eigenes Vermögen behält und auch während der Ehe eigenes Vermögen erlangen kann. Am Ende der Ehe erfolgt dann ein Ausgleich dessen, was während der Ehezeit gemeinsam erwirtschaftet wurde.

Hierzu werden von den Ehepartnern getrennte Aufstellungen zum jeweiligen eigenen sog. Anfangsvermögen, das bei Eheschließung vorhanden war, und zum eigenen Endvermögen, das bei Rechtskraft der Scheidung vorhanden ist, erstellt. Jeder Ehegatte hat gegen den anderen einen Anspruch auf diese Auskünfte, der notfalls auch gerichtlich durchgesetzt werden kann. Es gilt also, zwei Zeitpunkte zu beachten: Eheschließung und rechtskräftige Scheidung. Hinzu kommt ein weiterer Zeitpunkt, der der Trennung. Denn durch Berücksichtigung des Trennungszeitpunkts soll sichergestellt werden, dass kein Ehepartner nach der Trennung Vermögen verschwendet, um es dem Zugriff des anderen Ehegatten zu entziehen.

Jeder Ehegatte führt in seinem Verzeichnis bei Anfangs- und Endvermögen sowohl positive Werte als auch Verbindlichkeiten, bspw. für Darlehen, auf. Wichtig ist, dass zum Anfangsvermögen auch die Vermögenswerte gerechnet werden, die ein Ehegatte während der Ehe z.B. geerbt hat oder die nur ihm geschenkt wurden. Diese Beträge sollen dadurch, dass sie im Anfangsvermögen berücksichtigt werden, auch dauerhaft bei dem Begünstigten verbleiben. Man spricht insoweit von privilegiertem Anfangsvermögen. Hinzu kommt, dass die einzelnen ins Anfangsvermögen gestellten Beträge indexiert werden, d.h. ihr Wert zum Erwerbszeitpunkt wird auf den Wert zum Zeitpunkt der Ehescheidung hochgerechnet. Hierdurch soll ein Inflationsausgleich erfolgen, damit die Vermögenswerte, die u.U. ja vor Jahren übertragen worden sind, mit den heutigen Werten vergleichbar werden.

Gehört den Ehegatten eine Immobilie oder auch ein Unternehmen gemeinsam, wird in das Verzeichnis nur der auf den Ehegatten entfallende Anteil eingetragen. Gleiches gilt für Verbindlichkeiten. Besteht Ungewissheit oder Streit über den Wert zum Beispiel einer Immobilie oder eines Firmenanteils, müssen Wertgutachten eingeholt werden.

Zum Schluss wird dann das so ermittelte Anfangs- vom Endvermögen abgezogen, man erhält den Zugewinn jedes einzelnen Ehepartners. Derjenige, dessen Zugewinn höher ist als der des anderen, ist seinem Ehegatten zum Ausgleich der Hälfte des überschießenden Teils verpflichtet. Ist ein Ehepartner mit Schulden in die Ehe gestartet, wird durch diese Betrachtungsweise auch der Schuldenabbau berücksichtigt, wenn das Anfangsvermögen negativ war. Einen negativen Zugewinn gibt es dagegen nicht, dieser ist dann mit Null zu bewerten.

Sofern sich die Eheleute nicht einvernehmlich einigen, kann ein Zugewinnausgleichsverfahren auch bei Gericht durchgeführt werden. Dies geschieht nicht, wie viele meinen, automatisch im Rahmen der Scheidung, sondern nur auf Antrag eines der Ehegatten. Es handelt sich um ein eigenes Verfahren, das auch allein und gesondert abgerechnet wird. Ein solches Verfahren ist immer dann sinnvoll, wenn einer der Eheleute keine Auskunft über sein Vermögen erteilt oder eine Einigung über die zugrunde zu legenden Werte nicht erzielt werden kann. Ein Antrag auf Durchführung des Zugewinnausgleichs kann bis zu drei Jahren nach Ehescheidung gestellt werden.

Zu beachten ist, dass durch das Zugewinnausgleichsverfahren noch keine Entscheidung darüber getroffen wird, wer eine beiden Eheleuten gemeinsam gehörende Immobilie zum Alleineigentum übernehmen kann oder wer einzelne Gegenstände erhält. Die Berechnung des Zugewinnausgleichs ist immer eine Berechnung in Geld und sieht auch einen Ausgleich in Geld vor. Aber möglicherweise führt ja die Aussicht, einen unter Umständen nicht unerheblichen Betrag als Zugewinnausgleich an den anderen Ehegatten zahlen zu müssen, dazu, stattdessen den Immobilienanteil zu übertragen und so eine Verrechnung herbeizuführen.