Nachweis von Überstunden - und wie?

13.06.2022

Was schon lange höchstrichterliche Rechtsprechung ist, wurde erneut vom Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Urteil vom 04.05.2022 (Az. 5 AZR 359/21) bestätigt: Der Arbeitnehmer muss auch weiterhin bei einer Klage auf Zahlung von Überstunden diese nachweisen. Hieran ändert auch vorerst das sog. „Stechuhren-Urteil“ des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 14.05.2019 (Az. C-55/18) nichts, das den Arbeitgeber zur genauen Messung der täglichen Arbeitszeit verpflichtet. Auch wenn der Arbeitgeber sich bei genauer Erfassung der getätigten Arbeitszeit Kenntnis über die Überstunden verschaffen könnte, geht eine nicht ausreichend durchgeführte Zeiterfassung bei der Geltendmachung von Überstunden nicht zu seinen Lasten.

Doch wann sind Überstunden zu entlohnen? Was und wie muss der Arbeitnehmer bei einer Klage auf Zahlung von Überstunden nachweisen und worauf sollte er bei der Leistung von Überstunden achten?

Überstunden hat der Arbeitnehmer nur dann zu erbringen, wenn dies im Arbeitsvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder in einem Tarifvertrag geregelt ist und sich die Überstunden in den gesetzlichen Grenzen halten. Hierbei hat der Arbeitgeber aber auch die Interessen des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. Denn grundsätzlich muss der Arbeitnehmer „nur“ die Arbeitszeit erbringen, die in seinem Arbeitsvertrag vereinbart ist. Gibt es keine vertraglichen Regelungen zur Arbeitszeit, gilt die betriebsübliche Arbeitszeit, also der Durschnitt der von allen Arbeitnehmern im Betrieb wöchentlich erbrachten Arbeitszeit.

Eine zusätzliche Entlohnung der geleisteten Überstunden neben dem eigentlichen Monatsgehalt hat „nur“ bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen zu erfolgen. So muss der Arbeitgeber die Überstunden nur entlohnen, wenn er diese angeordnet oder zumindest in Kenntnis hiervon geduldet hat. Daher führt nicht jedes Tätigwerden über die eigentliche Arbeitszeit hinaus zu einer zusätzlich zu entlohnenden Überstunde. Zudem ist in vielen Arbeitsverträgen geregelt, dass eine bestimmte Anzahl an Überstunden mit dem monatlichen Gehalt abgegolten ist, also nicht zusätzlich vom Arbeitergeber vergütet werden muss. Eine Regelung dahingehend, dass mit der Zahlung des monatlichen Gehaltes sämtliche Überstunden abgegolten sind, ist hingegen unwirksam.

Doch bedeutet ein grundsätzlicher Anspruch auf Entlohnung der Überstunden noch keinen Erfolg im Falle einer Klage auf Zahlung von Überstunden. Denn nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung des BAG muss der Arbeitnehmer auch nachweisen, dass er Überstunden getätigt hat und diese auch vom Arbeitgeber angeordnet oder geduldet wurden. Den Arbeitnehmer trifft eine sog. abgestufte Darlegungs- und Beweislast. Er hat konkret darzulegen, an welchen Tagen und zu welchen Zeiten er über die übliche Arbeitszeit hinaus gearbeitet hat. Er muss darüber hinaus angeben, welche Tätigkeiten er ausgeübt hat und dass dies vom Arbeitgeber angeordnet oder zumindest in Kenntnis hiervon geduldet wurde. Erst dann muss der Arbeitgeber hierzu Stellung nehmen und den Vortrag des Arbeitnehmers ggf. widerlegen.

Doch worauf muss ein Arbeitnehmer bei der Leistung von Überstunden nun achten? Zunächst sollte darauf geachtet werden, ob eine vertragliche Regelung diesbezüglich besteht. Ist dies der Fall und ordnet der Arbeitgeber Überstunden ausdrücklich an, sollte sich der Arbeitnehmer dies, wenn möglich, schriftlich bestätigen lassen. Auch sollte der Arbeitgeber zur Absicherung regelmäßig – am besten schriftlich – darauf hingewiesen werden, dass Überstunden getätigt wurden. Wird die Arbeitszeit im Betrieb elektronisch erfasst, sollte der Arbeitnehmer dennoch die von ihm geleisteten Arbeitsstunden zusätzlich zu der elektronischen Aufzeichnung des Betriebs dokumentieren. Wird im Betrieb die Arbeitszeit auf Vertrauensbasis absolviert, ist eine Dokumentation der Arbeitszeit und der geleisteten Tätigkeiten durch den Arbeitnehmer unumgänglich. Diese sollte dann in regelmäßigen Abständen vom Arbeitgeber unterschrieben werden.