Nachweisgesetz und was sich für Arbeitnehmer ändert

04.08.2022

Aufgrund europarechtlicher Vorgaben hat der Gesetzgeber Änderungen im Nachweisgesetz beschlossen, die nunmehr ab dem 01.08.2022 gelten.

Hierbei gilt zu beachten, dass ein Arbeitnehmer keinen Anspruch auf einen schriftlichen abgefassten Arbeitsvertrag hat, den beide Parteien unterschreiben. Vielmehr war und ist es ausreichend, wenn der Arbeitgeber die wesentlichen Vertragsbedingungen einseitig schriftlich festhält und sie dem Arbeitnehmer unterschrieben zur Verfügung stellt.

Wer ist betroffen?
Betroffen sind alle Arbeitsverhältnisse mit Beginn ab dem 01.08.2022. Arbeitsverhältnisse, die bereits vor dem 01.08.2022 begründet worden sind, sind nur insoweit betroffen, als der Arbeitnehmer eine Ergänzung verlangt und/oder wenn sich getroffene Vereinbarungen nach dem 01.08.2022 ändern, z.B. weil sich die Anzahl der Arbeitsstunden und/oder aber die Vergütung ändert.

Was galt bislang?
Schon vor dem 01.08.2022 war der Arbeitgeber verpflichtet dem Arbeitnehmer wesentliche Vertragsbedingungen schriftlich mitzuteilen. Hierzu zählen z.B. Name und Anschrift der Vertragsparteien, den Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses, bei befristeten Arbeitsverhältnissen die vorhersehbare Dauer, den Arbeitsort (inkl. der Vereinbarung, dass der Arbeitnehmer an mehreren Arbeitsorten tätig werden kann), eine kurze Beschreibung der vom Arbeitnehmer zu leistenden Tätigkeit, sofern vereinbart die Dauer einer Probezeit, die Zusammensetzung der Vergütung (inkl. Prämien, Zuschlägen, Zulagen und Sonderzahlungen) nebst Fälligkeit, die vereinbarte Arbeitszeit, die Dauer des Erholungsurlaubs sowie die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Zudem ist der Arbeitgeber verpflichtet, bei Vorliegen, auf Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen, die auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden sind, hinzuweisen.

Was ist neu?
Den zuvor beschriebenen Regelungskatalog hat der Gesetzgeber nunmehr erheblich erweitert:

- Bei befristeten Arbeitsverträgen ist entweder das Enddatum oder die vorhersehbare Dauer niederzulegen.

- Regelungen zum Arbeitsort, wenn zwischen den Parteien vereinbart ist, dass der Arbeitnehmer seinen Arbeitsort frei wählen kann.

- Im Hinblick auf die zu zahlende Vergütung sollen deren Bestandteile (z.B. Grundgehalt und Sonderzahlungen) nunmehr nicht nur getrennt angegeben werden, sondern auch die jeweilige Fälligkeit eines Vergütungsbestandteils und die Art der Auszahlung. Dies gilt auch für die Vergütung von Überstunden. Diese betreffend soll bei entsprechender Vereinbarung auch geregelt sein, unter welchen Voraussetzungen diese angeordnet werden dürfen.

- Die Arbeitszeit betreffend sollen sich nunmehr vereinbarte Ruhepausen und Ruhezeiten sowie – soweit Schichtarbeit vereinbart ist – das Schichtsystem und der -rhythmus sowie die Voraussetzungen für eine Schichtänderungen im Vertrag / dem Nachweis wiederfinden.

- Bei Arbeit auf Abruf soll die Vereinbarung, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat, die Zahl der mindestens zu vergütenden Stunden, der Zeitrahmen, bestimmt durch Referenztage und Referenzstunden, der für die Erbringung der Arbeitsleistung festgelegt ist und die Frist innerhalb derer der Arbeitgeber die Lage der Arbeitszeit im Voraus festzuhalten hat.

- Wenn der Arbeitnehmer Anspruch auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildungen hat, soll auch dies im Vertrag / dem Nachweis enthalten sein.

- Wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine betriebliche Altersversorgung über einen Versorgungsträger zusagt, soll der Name und die Anschrift des Versorgungsträgers in dem Vertrag oder Nachweis enthalten sein, sofern nicht der Versorgungsträger zu dieser Information verpflichtet ist

- Das bei einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses einzuhaltende Verfahren, mindestens das Schriftformerfordernis einer Kündigung und deren Fristen sowie die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage.

Warum ist die Änderung so relevant?
Die Änderungen sind deshalb so relevant, weil Arbeitgeber bei einem Verstoß mit einem Bußgeld von bis zu 2.000,-- EUR sanktioniert werden können. Eine entsprechende Regelung gab es bislang nicht.

Dessen ungeachtet gilt es jedoch auch die Entscheidungen der Rechtsprechung abzuwarten, wie inhaltlich konkret die geforderten Regelungen ausgestaltet sein müssen. So wird z.B. schon heftig darüber diskutiert, ob es ausreichend ist, den Arbeitnehmer über die Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage zu informieren, und/oder ob hierzu auch gehört, dass z.B. im Fall eines Schwerbehinderten, zunächst das Integrationsamt eingeschaltet werden muss.

Was ist zu tun?
Arbeitgebern ist angeraten, Arbeitsverträge kurzfristig anzupassen. Soweit ein Arbeitnehmer über keinen Arbeitsvertrag oder keinen Nachweis über die wesentlichen Vertragsbedingungen verfügt, ist jetzt sicher ein guter Zeitpunkt, entsprechendes beim Arbeitgeber anzufordern. Alle anderen Arbeitnehmer können natürlich auch eine Anpassung einfordern. Andererseits kann dies auch dann erst geschehen, wenn sich arbeitsvertragliche Inhalte ändern. Die getroffenen Vereinbarungen behalten auch ohne schriftliche Abfassung weiter ihre Gültigkeit.