Verfall von Urlaubsansprüchen – aktuelle Rechtsprechung vom EuGH

25.02.2019

Vor rund einem Jahr haben wir uns an dieser Stelle mit dem Verfall von Urlaubsansprüchen beschäftigt und dabei unter anderem auch die Frage aufgeworfen, was in Fällen, in denen ein Arbeitnehmer versäumt, im Urlaubsjahr einen Urlaubsantrag zu stellen oder aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet ohne einen entsprechenden Antrag zu stellen, mit dem Urlaubsanspruch passiert. Das Bundesarbeitsgericht hat den EuGH um eine Entscheidung ersucht, ob ein Arbeitgeber verpflichtet ist, Urlaub zu gewähren und gegebenenfalls einseitig festzulegen, wenn der Arbeitnehmer keinen Urlaubsantrag stellt.

Bislang verfiel der Urlaub bzw. der Anspruch auf Abgeltung desselben automatisch. Hintergrund war die bisweilen rigorose Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts.

Dieser Praxis wird nun durch zwei aktuelle Entscheidungen (Urt. v. 06.11.2018, Az. C-684/16 und C-619/16) des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) entgegen getreten und neue Maßstäbe gesetzt. Gegenstand der Verfahren vor dem EuGH war die Frage, ob nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung besteht, wenn zuvor kein Urlaubsantrag von dem/ der Mitarbeiter/in gestellt wurde.

Der EuGH hat nun entschieden: Grundsätzlich ist eine Regelung im Arbeitsvertrag, wonach zur Vermeidung des Urlaubsverfalls ein rechtzeitiger Urlaubsantrag des Arbeitnehmers erforderlich ist, mit dem Europarecht vereinbar. Allerding muss der Arbeitgeber dafür Sorge tragen, dass es den Mitarbeitern tatsächlich möglich ist, den bezahlten Jahresurlaub zu nehmen. Dazu muss der Arbeitgeber zum einen seine Beschäftigen förmlich auffordern, den Urlaub zu nehmen. Zum anderen muss der Arbeitgeber dem/ der Arbeitnehmer/in ausdrücklich und rechtzeitig mitteilen, dass der Urlaub verfallen wird, wenn dieser nicht genommen wird. Hilft also der Arbeitgeber nicht proaktiv mit, dass der Arbeitnehmer seinen Urlaubsanspruch auch tatsächlich verwirklichen kann, darf er sich im Streitfall nicht auf den Verfall berufen.

Fazit: Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer wurde ein weiteres Mal ausgeweitet und sein Pflichtenheft erweitert.